Warum es "Entschleunigung" nicht gibt!

Vom Entschreiben, Befernen und Entschleunigen

Slow down and keep calmAlltagsstress kann überall lauern -sei es im Berufsleben, in der Familie und im Freundeskreis oder in den eigenen vier Wänden, das Potenzial, sich zu überarbeiten und nicht genug Zeit für sich selbst einzuplanen, steigt gerade in einer schnelllebigen, modernen Gesellschaft mit jedem Tag.
Als Zauberwort gegen das Überarbeiten wird gerne die folgende Technik empfohlen: Die Entschleunigung des Alltags. Oftmals mag das aber nicht so funktionieren, wie es eigentlich geplant ist. Ein möglicher Grund dafür? Zaubersprüche funktionieren nur, wenn man den richtigen hat -und nicht, wenn man ein Wort verwendet, das so gar nicht existiert, wie der Begriff "Entschleunigung".

Dabei scheint es zunächst einmal sinnvoll zu klingen. Wenn es den Begriff "Beschleunigung" gibt, muss es dafür ja auch ein Gegenteil geben. Und wenn aus "Beladen" "Entladen" werden kann, dann wird aus der "Beschleunigung" als Kontrastprogramm die "Entschleunigung".

Ganz so einfach ist es allerdings nicht, denn in dem Beispiel gibt es einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen "Beladen" und "Beschleunigung".
Beim näheren Betrachten des Begriffs "Beladen" fällt auf, dass er aus zwei Bestandteilen aufgebaut ist: Dem Präfix, also der Vorsilbe, "Be-" und dem Wortstamm "Laden" im Zusammenhang mit der "Ladung". Dadurch, dass das Wort aus diesen Bestandteilen besteht, kann das Präfix "Be-" durch die gegensätzliche Vorsilbe "Ent-" ausgetauscht werden, um dem Begriff die veränderte Bedeutung zu verleihen.
Ein weiteres Beispiel hierfür wäre der Begriff "Enterben". Löst man die Vorsilbe "Ent-" von dem Begriff, bleibt der Begriff "Erbung", beziehungsweise das grammatikalisch richtige "Erbe", übrig. "Erbung" ist somit der Wortstamm und kann aus diesem Grund auch mit dem alternativen Präfix "Be-" gebildet werden, um dem Wort die neue Bedeutung des Erhaltens des Erbes anstelle des Verweigern des Erbens zu geben.

Bei dem Begriff "Beschleunigung" wiederum verhält es sich anders. Das "Be-" erfüllt hier nicht die Aufgabe einer Vorsilbe, da "Schleunigung" nicht alleine als Wort existieren kann. Es kann dadurch nicht davon abgelöst und durch ein Präfix ersetzt werden, um das Antonym, also das Gegenteil, von "Beschleunigung" zu bilden.
Genauso verhält es sich bei Begriffen wie "Beschreibung", "Entschlackung" oder "Entfernen". Würde man deren ersten beiden Buchstaben als eine Vorsilben-Einheit betrachten, stünden die Wortbestandteile "Schreibung", "Schlackung" und "Fernen" alleine -was nicht nur grammatikalisch keinen Sinn ergibt. In diesem Sinne ist es also auch nicht möglich, aus den eben genannten Begriffen "Entschreibung", "Beschlackung" oder "Befernen" als Bezeichnung der jeweiligen Gegenteile zu bilden.

Das Fazit? Präfix + Wortstamm = einen Begriff, von dem man das Gegenteil bilden kann, wenn man die Vorsilbe anpasst -und wenn es keine Vorsilbe gibt, kann diese logischerweise auch nicht abgeändert werden. Das ist simple Logik und keine Zauberei -und sicher auch kein Hexenwerk -ganz anders, als es tatsächlich zu schaffen, im Alltag einmal ab- beziehungsweise einen Gang zurück zu schalten.

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